Jul 29 2021

Die Komödien von Terenz: Warum das Original des Faksimiles von WK Wertkontor aus dem Mittelalter stammt und nicht aus der Antike

Aktuell bietet WK Wertkontor ein wunderschön gearbeitetes Faksimile mit den Komödien von Terenz an. Das Original stammt aus dem Mittelalter und entstand ca. 825 nach Christus am Hof des König Ludwig dem Frommen. Dieser war der Sohn von Karl dem Großen und seit 813 nach Christus Kaiser des fränkischen Reiches, das später einmal das Heilige Römische Reich genannt werden sollte.

Die Originalhandschrift enthält alle sechs bis heute erhaltenen Komödien des römischen Dichters Terenz. Die Texte im Faksimile von WK Wertkontor aus Gütersloh sind mit rund 150 Illustrationen geschmückt, welche die Darstellung der Theaterstücke auf der Bühne zeigen. Auf den Illustrationen sind Schauspieler in antiken Gewändern zu sehen, die mit eindrucksvollen Gesten die Handlung der einzelnen Stücke präsentieren.

Die älteste Theaterhandschrift, die heute noch erhalten ist

Doch warum reproduziert WK Wertkontor mit dem Faksimile eine mittelalterliche Ausgabe der Komödien Terenz, statt aus der Antike stammende Originale zu verwenden? Die Antwort hierauf ist sehr einfach. Die gesammelte Ausgabe der Komödien des Terenz vom Hof König Ludwigs ist die älteste Handschrift, die heute noch erhalten ist.

Als Papier nutzte man in antiken Zeiten entweder Papyrus oder Pergament. Papyrus ist sehr vergänglich und überdauerte nur in seltenen Fällen und meist in kleinen Bruchstücken bis in die Jetztzeit. Pergament hingegen war, bis zur Einführung des heute genutzten Papiers nach Europa, ein sehr wertvoller Rohstoff, da er aufwendig aus einer Tierhaut gewonnen wurde. Man muss sich lediglich vor Augen führen, dass aus einer ganzen Ziegenhaut lediglich eine Doppelseite Pergament gewonnen werden konnte. Angesichts dessen ist schnell klar, warum Pergament so kostbar war. Aus diesem Grund wurde es auch gerne recycelt. Die oberste Schicht des Pergaments ließ sich mitsamt dem Geschriebenen abschaben und das Pergament konnte erneut beschriftet werden.

Im Mittelalter gingen viele antike Werke verloren

Aus diesem Grund wurden viele antike römische und griechische Originaltexte im Mittelalter verloren. WK Wertkontor aber legt bei der Gestaltung seiner Faksimiles höchsten Wert auf die originalgetreue Wiedergabe einer historischen Vorlage. Ohne eine bis heute überlieferte Originalhandschrift hat WK Wertkontor aus Gütersloh keine Grundlage für die Erstellung eines Faksimiles.

Leider konnte die frisch christianisierte westeuropäische Welt mit den Schriften der antiken Griechen und Römer oftmals nichts mehr anfangen. Die antiken Kulturen galten allgemein als heidnisch und verwerflich, all ihr Wissen und ihre Kultur wurden meist als falsch und somit überflüssig betrachtet. Also hat man deren Texte häufig sprichwörtlich ausradiert. Aufgrund der heidnischen Autorenschaft wurden sie meist auch nicht weiter transkribiert. Die Arbeit, Bücher abzuschreiben und zu verbreiten wurde oftmals Mönchen in Klöstern übertragen und die Auswahl der dort transkribierten Texte ist folglich besonders christlich und geprägt. Deshalb sind heute noch so viele wunderschöne geistliche Handschriften erhalten, die sich bisher als herausragende Vorlagen für die Faksimiles von WK Wertkontor erwiesen haben.

Das Original des Faksimiles von WK Wertkontor zeigt die Bedeutung von Terenz im Mittelalter

Die Theater- und Erzählkunst des Mittelalters hingegen fand vor allem mündlich statt. Troubadoure und Schaustellertruppen reisten quer durchs Land und führten ihre Stücke auswendig auf. In einer rein mündlichen Erzählkultur, in der Stücke nur selten verschriftlicht werden, ist es nahezu unmöglich, Inhalte über die Zeit hinweg originalgetreu zu überliefern. Aus diesem Grund sind viele Stücke heute entweder gar nicht oder in verschiedenen Versionen überliefert, da sie sich je nach Überlieferungskette anders verändert haben.

Dass die Komödien des Terenz, eines heidnischen Dichters, am Hof Ludwig des Frommen eine so umfassende und liebevoll illustrierte Ausgabe erhielten, beweist, dass Terenz nicht nur in der Antike, sondern auch im Mittelalter noch hohes Ansehen genoss. Im Faksimile von WK Wertkontor aus Gütersloh sehen Sie an der Detailtreue und Sorgfalt, mit der das Werk gestaltet wurde, wie viel Zeit in die Transkription der eigentlich als heidnisch betrachteten Werke gesteckt wurde.

Terenz-Komödien sind somit die Ausnahme von der Regel, dass heidnische Autoren im Mittelalter ihre Bedeutung verloren, denn seine Werke wurden tatsächlich Teil des Kanons der Schullektüre in westlichen Klöstern. Aufgrund seines klaren und eindeutigen Lateins galten Terenz-Werke als guter Einstieg in die lateinische Sprache für angehende Priester und Nonnen. Deswegen wurden sie trotz ihres heidnischen Inhalts immer wieder transkribiert. Die Handschrift vom Hofe König Ludwigs des Frommen sind daher nicht nur die älteste Überlieferung der Stücke von Terenz, sondern auch das älteste Zeugnis des antiken Theaters in Buchform.

Mit dem Faksimile von WK Wertkontor kaufen Sie also ein Stück Theatergeschichte und gleichzeitig ein Zeugnis der mittelalterlichen Überlieferungskultur. Zusätzlich ist das Faksimile von WK Wertkontor auch ein herausragendes Zeugnis der karolingischen Buchmalerkunst, denn nahezu jede einzelne Doppelseite ist geschmückt mit eindrucksvollen Illustrationen, die bei jedem Aufschlagen des Werkes immer wieder beeindrucken.